Weichhautmilben

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Weichhautmilben
Tarsonemidae
Polyphagotarsonemus latus, USDA BARC.jpg
Ein Vertreter der Weichhautmilben: Polyphagotarsonemus latus (Gelbe Teemilbe oder Breite Milbe)
Systematik
Klasse Spinnentiere
Arachnida
Unterklasse Acari
Überordnung Acariformes
Ordnung Trombidiformes
Unterordnung Prostigmata
Überfamilie Tarsonemoidea
Familie Tarsonemidae


Die Familie der Weichhautmilben (Tarsonemidae) hat 45 Gattungen. Viele Arten aus dieser Familie kommen in subtropischen und tropischen Gebieten vor. Hauptsächlich zwei Gattungen dieser Familie, Tarsonemus und Hemitarsonemus, schädigen an Unterglaskulturen im Zierpflanzen- und Gemüsebau und werden als Weichhautmiben bezeichnet.

Arten

Die wichtigsten Arten sind die Cyclamenmilbe (Tarsonemus pallidus) und die Gelbe Teemilbe oder Breite Milbe (Polyphagotarsonemus latus).

Die Breite Milbe kommt in den Tropen und in Gewächshäusern gemäßigter Zonen vor. 1890 wurde erstmals von einem Befall durch die Breite Milbe an Baumwolle berichtet. Auch in anderen Kulturen in tropischen Regionen wie Tee, Kautschuk, Zitrusfrüchten, Tabak und Kartoffeln verursacht die Breite Milbe wirtschaftliche Schäden. In Gewächshäusern werden Paprika häufig befallen, aber auch Auberginen, Tomaten und Gurken sowie Zierpflanzen wie Begonien, Efeu, Pelargonien, Saintpaulia, Impatiens-Neu-Guinea-Hybriden, Gerbera, Cyclamen und andere Kulturen sind anfällig. In gemäßigten Zonen können die Milben nicht im Freiland überwintern.

Die Cyclamenmilbe ist ein bedeutender Schädling bei Cyclamen und Azaleen, kann aber auch an anderen Zierpflanzen Schäden verursachen.

Die Ananasweichhautmilbe (Steneotarsonemus ananas) kann an Bromelien und die Zwiebelschalen- oder Narzissenzwiebelmilbe (Steneotarsonemus laticeps) an Blumenzwiebeln auftreten. Beide Arten haben eine relativ geringe Bedeutung.

Biologie

Lebenszyklus und Erscheinungsbild

Ei – Larve –Nymphe – Milbe

Die länglichen, ovalen, transparenten und 0,07 mm großen Eier von Polyphagotarsonemus latus sind fest mit dem Pflanzengewebe verbunden. Die Eier werden meist in Vertiefungen der Blattunterseite oder auf Früchten abgelegt. Die mit dem Blatt verbundene Seite des Eis ist abgeflacht, die Oberfläche ist mit kleinen rundlichen Flecken gleichmäßig überzogen. Die Larve ähnelt der adulte Milbe, sie ist aber kleiner und hat nur drei Beinpaare. Junge Larven sind weiß und haben eine stark faltige Hülle, die es ihnen erlaubt, ohne Häutung zu wachsen. Das nächste Stadium der ruhenden Nymphe, das an der Unterseite des Blattes befestigt ist, wird somit ohne Häutung erreicht. Aus der Nymphe entwickelt sich die adulte Milbe, die beim Schlupf etwa 0,15 mm groß ist. Die relativ großen Weibchen sind oval, breit und leuchtend gelbgrün oder dunkelgrün je nach Art und Menge der aufgenommenen Nahrung. Sie haben einen auffallenden weißen Streifen auf dem Rücken. Das vierte Paar Beine ist nicht zur Fortbewegung zu gebrauchen und wird als Tastorgan eingesetzt. Das Männchen ist kleiner und breiter als das Weibchen mit einem schmaler werdenden Hinterteil. Das Männchen hat lange Beine, ist zunächst farblos, später dann leuchtend gelbgrün. Mit dem vierten Beinpaar schleppen sie häufig eine weibliche Nymphe hinter sich her. Dadurch sichern sie sich den Partner, direkt nach dem Schlupf aus der Nymphe beginnt die Paarung. Männchen sind aktiver als Weibchen. Die Eier der Cyclamenmilbe sind etwa 0,12 mm groß, oval, glatt, durchsichtig und doppelt so lang wie breit. Beide Enden sind gleich rund. Vor dem Schlupf ist der Embryo im Ei sichtbar. Die Larven sind weiß und haben drei Beinpaare. Sie entwickeln sich ohne Häutung zur Nymphe. Die Nymphe sieht aus wie eine Larve ohne Beine, verbleibt auf der Blattoberfläche und nimmt keine Nahrung auf. Adulte Cyclamenmilben haben 4 Beinpaare, eine längliche, leicht ovale Form, sind durchsichtig bis leicht braun je nach Art der Wirtspflanze und etwa 0,25 mm groß. Wie bei der Breiten Milbe ist das letzte Beinpaar bei den Männchen zu einer fadenförmigen Struktur umgewandelt, um die ruhenden Stadien der Weibchen, aus denen die Weibchen schlüpfen, transportieren zu können. Die Cyclamenmilbe ist langsamer und größer als die Breite Milbe.

Populationswachstum

Die Entwicklungszeit der Breiten Milbe ist mit drei bis fünf Tagen unter günstigen Bedingungen vom Ei bis zum adulten Tier sehr kurz. Im Winter beträgt diese Zeit je nach Temperatur sieben bis zehn Tage. Das Eistadium nimmt dabei die meiste Zeit in Anspruch. Zur Entwicklung benötigt die Breite Milbe 75 bis optimalerweise 90 % Luftfeuchtigkeit, bei 20°C ist das Populationswachstum am schnellsten. Bei Temperaturen über 30°C und einer niedrigen Luftfeuchtigkeit sterben Nymphen und Eier ab. Das Wachstum nimmt bei steigender Luftfeuchtigkeit unabhängig von der Temperatur zu. Weibchen paaren sich nur einmal und beginnen am folgenden Tag mit der Eiablage. Die Lebensdauer der Weibchen beträgt 10 Tage im Sommer bis hin zu 30 Tagen im Winter, Männchen leben ein paar Tage länger. Je nach Jahreszeit werden pro Tag ein bis sieben Eier und 15 bis 50 Eier pro Lebenszeit gelegt. Die Eier werden an geschützten, feuchten und schattigen Stellen einzeln abgelegt. Aus unbefruchteten Eiern entstehen Männchen, aus befruchteten Weibchen, das Verhältnis beträgt etwa 1 : 3. Die Vermehrungsrate und Aktivität nimmt im Winter stark ab. Die Milben können nur an lebenden Pflanzen überleben, sind nicht kälteresistent, gehen nicht in Diapause und können auch nicht in Gewächshauskonstruktionen überwintern. Sie bleiben aktiv bis das Gewächshaus nicht mehr geheizt wird.

Die Entwicklung der Cyclamenmilbe dauert unter günstigen Bedingungen von 20 bis 25°C und hoher Luftfeuchtigkeit von Ei zu Ei etwas 10 Tage. Unter Gewächshausbedingungen finden sich alle Stadien der Milben das ganze Jahr auf den Pflanzen und schädigen somit auch das ganze Jahr. Die Cyclamenmilbe kann auch im Freiland überleben, das Populationswachstum ist mit 7 Generationen pro Jahr aber deutlich geringer. Die embryonale Entwicklung stoppt bei 4°C, die larvale Entwicklung bis 8°C. Nur Weibchen können in Knospen oder zusammengerollten Blättern von Triebspitzen überwintern, wobei 95% nicht überleben. Ab Frühjahr werden die überlebenden Weibchen aktiv, die ersten Männchen treten im Frühsommer auf. Bei der ungeschlechtlichen Vermehrung entstehen weibliche und männliche Tiere, auch eine geschlechtliche Vermehrung ist möglich. Die Weibchen legen unter Gewächshausbedingungen ein bis drei Eier am Tag, in ihrer Lebenszeit 12 bis 16 Eier.

Entwicklungszeit von Tarsonemus pallidus bei verschiedene Temperaturen und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 90-100%[1]

Temperatur (°C) 15 °C 25 °C
Entwicklungszeit in Tagen
Ei 10 3,5
Larve 5 2
Nymphe 3 1,5
Ei – Milbe (gesamt) 18 7
Präovipositionszeit*   2

*Zeit vom Beginn adultes Tier bis zu ersten Eiablage

Schäden

Weichhautmilben dringen mit den stechend-saugenden Mundwerkzeugen in die Pflanzenzellen von Blütenknospen, Triebspitzen und eingerollten jungen Blättern ein und saugen sie aus. Dabei werden Auxine abgesondert, die zu Deformationen und Missbildungen des Pflanzengewebes führen. Blätter werden hauptsächlich an den Unterseiten befallen, was beim Weiterwachsen der Blätter zu einem braunen, korkigen Belag auf der Blattunterseite und nach unten einrollenden Blatträndern führt. Die Blattadern werden meistens nicht befallen, sie heben sich grün von der befallenen braunen Blattspreite der Blattunterseite ab. Bei starkem Befall wachsen die Triebspitzen nicht mehr weiter und sterben ab. Die Blüten weisen Verfärbungen und Missbildungen auf. Auch Früchte können befallen werden. Da sich die Milben langsam verbreiten, finden sich zunächst nur an einzelnen Pflanzen im Bestand Schäden.

Verbreitung

Es hat den Anschein, dass Larven und Weibchen der Breiten Milbe sich nicht von ihrem Blatt weg bewegen. Die Verbreitung der Kolonie scheint eher durch den Transport der weiblichen Nymphen durch die Männchen zustande zu kommen. Die Cyclamenmilben bewegen sich zudem von Blatt zu Blatt. Über weitere Distanzen verbreiten sich Weichhautmilben durch Menschen, Wind oder Insekten wie z.B. Weiße Fliegen. Bei für Weichhautmilben zu niedriger Luftfeuchtigkeit wandern die Tiere in Substrat- oder Bodennähe ab. Haben sich die Luftfeuchtigkeits- und Temperaturbedingungen gebessert, werden wieder die Triebspitzen der Pflanzen befallen.

Bekämpfung

In Versuchen in den Niederlanden haben die Raubmilbenarten Amblyseius cucumeris, Amblyseius swirski und Amblyseius montdorensis eine gute vorbeugende Wirkung gegen Weichhautmilben gezeigt. Bei einem Befall ist die Wirkung der Raubmilben nicht ausreichend. Zur chemischen Bekämpfung eignen sich die Wirkstoffe Abamectin, Bifenazate, Fenpyroximate, Tebufenpyrad und gegen junge Larven Spirodiclofen. In der Regel reichen zwei Behandlungen im Abstand von fünf bis sieben Tagen aus. Beim Einsatz ist auf die jeweilige Zulassungssituation zu achten.

PS Info: Aktuelle Zulassungssituation für den Erwerbsgartenbau
PS Info: Aktuelle Zulassungssituation für den Hobbybereich


Quellen

  1. Karl, E. 1965: Untersuchungen zur Morphologie und Ökologie von Tarsonemiden gärtnerischer Kulturpflanzen II: Hemitarsonemus latus (Banks), Tarsonemus confusus (Ewing), Tarsonemus talpae (Schaarschmidt), Tarsonemus smithi (Ewing) und Tarsonemoides belemnitoides (Ewing). Biologisches Zentralblatt H3: 331-357


R. Albert, C. Allgaier, H. Schneller, K. Schrameyer (2007): Biologischer Pflanzenschutz im Gewächshaus. Eugen Ulmer KG. Stuttgart. 

M.-H. Malais, W. J. Ravensberg (2003): Knowing and recognizing. Red Business Information. Doetinchem, NL. 

M. Stahl, H. Umgelter, G. Jörg, F. Merz, J. Richter (1993): Pflanzenschutz im Zierpflanzenbau. Verlag Eugen Ulmer. 

Wikipedia Systematik der Milben[1] am 15.12.14