Rechtsgrundlagen des Pflanzenschutzes

Aus Hortipendium
Wechseln zu: Navigation, Suche

Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland wird durch zahlreiche rechtliche Bestimmungen geregelt. Neben Gesetzen, Verordnungen und Grundsätzen, die sich unmittelbar auf den Pflanzenschutz beziehen, gibt es außerdem eine Vielzahl von Regelungen mit primär anderen Zielsetzungen, die aber zum Teil direkt oder indirekt auch pflanzenschutzrechtlich von Bedeutung sind.

Die meisten gesetzlichen Regelungen zum Pflanzenschutz basieren mittlerweile auf Verordnungen und Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft. Die entsprechende nationale Gesetzgebung dient häufig nur noch zur Umsetzung oder Ergänzung von EU-Vorschriften. Derzeit (Stand November 2012) sind jedoch noch nicht alle nationalen Verordnungen dem neuen EU-Recht angepasst. Dies betrifft zum Beispiel die Sachkundeverordnung.

Die Durchführung von Pflanzenschutzmaßnahmen erfordert immer auch ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Dies betrifft z. B. die Auswahl geeigneter Mittel und Verfahren ebenso wie deren gezielte Anwendung und die Einhaltung der Wartezeiten. Die dazu notwendigen Kenntnisse setzen eine entsprechende Ausbildung sowie laufende Fortbildung voraus. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass bei der Anwendung eines Pflanzenschutzmittels immer auch die dazugehörige Gebrauchsanweisung zu beachten ist.


Wichtige rechtliche Regelungen mit direktem Bezug zum Pflanzenschutz

Rechtsakte, Grundsätze Abkürzung Stand:
Verordnung (EU) über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 21.10.2009
Verordnung (EU) über Statistiken zu Pestiziden Verordnung (EG) Nr. 1185/2009 25.11.2009
Verordnung (EU) zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 hinsichtlich der Kennzeichnungsanforderungen für Pflanzenschutzmittel Verordnung (EG) Nr. 547/2011 08.06.2011
Richtlinie über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden (Pflanzenschutz-Rahmenrichtlinie) Richtlinie 2009/128/EG 21.10.2009
Richtlinie betreffend Maschinen zur Ausbringung von Pestiziden Richtlinie 2009/127/EG 21.10.2009
Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz) PflSchG 06.02.2012
Gute fachliche Praxis im Pflanzenschutz - Grundsätze für die Durchführung 21.05.2010
Verordnung über die Prüfung von Pflanzenschutzgeräten (Pflanzenschutz-Geräteverordnung) PflSchGerätV 27.06.2013
Verordnung über Zulassungs- und Genehmigungsverfahren für Pflanzenschutzmittel (Pflanzenschutzmittelverordnung) PflSchMV 15.01.2013
Verordnung über Anwendungsverbote für Pflanzenschutzmittel (Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung) PflSchAnwV 10.10.2012
Pflanzenschutz-Sachkundeverordnung PflSchSachkV 25.06.2013
Pflanzenschutz-Kontrollprogramm Februar 2011
Verordnung über die Anwendung bienengefährlicher Pflanzenschutzmittel (Bienenschutzverordnung) BienSchV 06.08.2002
Nationaler Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln 11.04.2008
Landesverordnung über die Kontrollstellen zur Prüfung von Pflanzenschutzgeräten (Pflanzenschutz-Kontrollverordnung, Rheinland-Pfalz) 11.08.2009
Landesverordnung über die Prüfung zum Sachkundenachweis für die Anwendung und Abgabe von Pflanzenschutzmitteln (Pflanzenschutz-Sachkundeprüfungsverordnung, Rheinland-Pfalz) 14.11.2005

Sonstige rechtliche Regelungen mit Bedeutung für den Pflanzenschutz

Gesetz, Rechtsverordnung, Grundsatz Abkürzung Stand:
Bundes-Bodenschutzgesetz BBodSchG 24.02.2012
Bundesnaturschutzgesetz BnatSchG 06.02.2012
Chemikaliengesetz ChemG 24.02.2012
Cross Compliance, Verordnung (EG) Nr. 73/2009 19.01.2009
EU-Öko-Verordnung, Verordnung (EG) Nr. 834/2007 28.06.2007
Durchführungsverordnung Öko (EG) Nr. 889/2008 18.09.2008
Europäische Wasserrahmenrichtlinie, Richtlinie 2000/60/EG EU-WRRL 22.12.2000
Gefahrstoffverordnung GefStoffV 28.07.2011
Landesgesetz zur nachhaltigen Entwicklung von Natur und Landschaft (Landesnaturschutzgesetz ) LNatSchG 22.06.2010
Lebensmittel- Bedarfsgegenstände und Futtermittelgesetzbuch LFGB 21.08.2012
Rückstands-Höchstmengenverordnung RHmV 19.03.2010
Trinkwasser-Verordnung TrinkwV 2001 22.12.2011
Verordnung (EG) Nr. 396/2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs Verordnung EG Nr. 396/2005 23.02.2005
Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen Verordnung EG Nr. 1272/2008 16.12.2008
Wasser-Haushaltsgesetz WHG 24.02.2012


Wichtige Regelungen der Europäischen Union zum Pflanzenschutz

Seit dem 14. Juni 2011 bildet die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln die Grundlage für das Pflanzenschutzrecht innerhalb der Europäischen Union. Mit dieser Verordnung wurden die bis dahin geltenden Richtlinien 91/414/EWG und 79/117/EWG abgelöst.

Auf der Basis der früheren Richtlinie 91/414/EWG und der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 wurden außerdem eine Reihe weiterer Verordnungen und Richtlinien erlassen, die der Durchführung der verschiedenen Maßnahmen dienen. Die Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (Verordnung (EG) Nr. 1107/2009) sowie andere EU-Verordnungen müssen nicht mehr in nationales Recht umgesetzt werden, sondern sind mit dem Inkrafttreten in allen Mitgliedsstaaten unmittelbar geltendes Recht.

Trotzdem sind über das EU-Recht hinaus Regelungen zum Inverkehrbringen und zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf nationaler Ebene zu treffen, was in Deutschland mit der Neufassung des Pflanzenschutzgesetzes erfolgt ist.


Nationale Regelungen zum Pflanzenschutz

Pflanzenschutzgesetz

Gesetzliche Grundlage des Pflanzenschutzes ist in Deutschland das Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) in der Neufassung vom 06. Februar 2012. Die Umsetzung zahlreicher EU-Richtlinien sowie die Anpassung an verschiedene EU-Verordnungen machte eine grundlegende Novellierung des Gesetzes notwendig. Auch auf nationaler Ebene mussten neue Regelungen getroffen werden wie etwa bezüglich der Zuständigkeiten der nationalen Behörden im zonalen Zulassungsverfahren oder bei Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen. Einzelheiten der Pflanzenschutzgesetzgebung sind in verschiedenen Verordnungen festgelegt, die jedoch teilweise noch an die neuen rechtlichen Bedingungen angepasst werden müssen.

Detaillierte Informationen finden Sie auf der Seite "Pflanzenschutzgesetz".

Wichtige Regelungen für den kommunalen Bereich

Rechtsverordnungen, Grundsätze, Programme zum Pflanzenschutz

Lebensmittelrechtliche Bestimmungen

Am 07.09.2005 ist das neue Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) in Kraft getreten womit nationales Recht an geltendes europäisches Recht (Verordnung EG Nr. 178/2002) angeglichen wurde. In § 9 des Gesetzes wird unmittelbar auf Pflanzenschutzmittel Bezug genommen. Demnach ist es u. a. verboten, gewerbsmäßig Lebensmittel (auch Wein) in den Verkehr zu bringen, die Rückstände von nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln enthalten oder bei denen die festgesetzten Rückstandshöchstmengen überschritten sind. Hier besteht auch ein Bezug zu § 1 Abs. 4 PflSchG (Abwendung von Gefahren für die Gesundheit die durch Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entstehen können).

Rückstandshöchstgehalte

Rückstandshöchstgehalte sind Grenzwerte für Rückstände in Lebensmitteln und Futtermitteln, die jeweils für Kombinationen von Wirkstoffen und Erzeugnissen festgelegt werden.

Mit der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 wurde ein europaweit einheitliches Regelwerk zur vollständigen Harmonisierung der Rückstandshöchstgehalte geschaffen. Diese Verordnung trat am 1. September 2008 vollständig in Kraft. Die neuen harmonisierten Höchstgehalte finden sich in den Anhängen II, IIIA und IIIB der Verordnung. Anhang IV enthält eine Liste von Wirkstoffen, für die keine Höchstgehalte erforderlich sind.

Mit dem vollständigen Inkrafttreten der EG-Verordnung sind die Rückstandshöchstgehalte der deutschen Rückstands-Höchstmengenverordnung (RHmV) nicht mehr gültig. Die RHmV ist allerdings nicht völlig hinfällig geworden, sondern gilt noch für einige sonstige Stoffe (Safener und Synergisten) und Erzeugnisse (z. B. Fische, Fischereierzeugnisse, Schalentiere, Muscheln). Ferner gilt sie gemäß einer Übergangsregelung noch für bestimmte Erzeugnisse, die vor dem 1. September 2008 erzeugt oder eingeführt wurden. Außerdem wurden inzwischen die Bußgeldvorschriften aus der RHmV auf die Verordnung 396/2005 ausgedehnt.

Wichtige Inhalte der Verordnung 396/2005:

  • Die Verordnung hat unmittelbare Geltung in den Mitgliedstaaten der EU. Die festgesetzten Rückstandshöchstgehalte müssen also nicht mehr wie früher in die nationale Rückstands-Höchstmengenverordnung übernommen werden.
  • Solange für eine Kombination von Wirkstoff und Erzeugnis kein spezifischer Rückstandshöchstgehalt festgelegt ist, gilt ein allgemeiner Wert von 0,01 mg/kg; die Verordnung lässt also nichts ungeregelt.
  • Ohne festgesetzten Rückstandshöchstgehalt kann keine Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel erteilt werden. Wenn Rückstandshöchstgehalte fehlen, müssen sie zusammen mit der Zulassung des Pflanzenschutzmittels beantragt werden. Das gilt auch, wenn die Anwendung eines Pflanzenschutzmittels für eine Lückenindikation genehmigt werden soll.
  • Anträge zur Festsetzung oder Änderung von Rückstandshöchstgehalten können nicht nur diejenigen stellen, die auch die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels beantragen, sondern auch Erzeuger und Importeure von Lebens- und Futtermittelerzeugnissen, Personen und Organisationen mit einem berechtigten Interesse an Gesundheitsfragen sowie die Mitgliedstaaten der EU. (Quelle: www.bvl.bund.de)

Wasser- und gewässerrechtliche Bestimmungen

Schon bei der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels spielt der Schutz des Wassers und der Gewässer eine entscheidende Rolle. So werden z. B. Pflanzenschutzmittel mit hoher Versickerungsneigung nicht mehr zugelassen oder scheiden bereits schon in den Vorstufen zu einem Zulassungsverfahren aus. Mit zahlreichen Auflagen zum Gewässerschutz (z. B. Abstandsauflagen) soll sichergestellt werden, dass ein Eintrag von Pflanzenschutzmitteln in Gewässer weitestgehend verhindert wird.

Besondere Aufmerksamkeit gilt in diesem Zusammenhang auch dem Schutz des Trinkwassers. In der „Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch“ (Trinkwasser-Verordnung), die auch eine Umsetzung der europäischen Richtlinie 98/83/EG darstellt, wird für Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte bei der Grenzwertfestlegung praktisch ein Nullprinzip realisiert. Die maximal zulässige Konzentration für einen einzelnen Pflanzenschutzmittelwirkstoff im Trinkwasser beträgt in der EU 0,0001 mg/l (= 0,1 Mikrogramm/l) und für die Summe aller nachweisbaren Wirkstoffe maximal 0,0005 mg/l. Diese niedrigen Grenzwerte verdeutlichen, dass Pflanzenschutzmittelwirkstoffe auf keinen Fall in das Trinkwasser gelangen dürfen.


Naturschutzrechtliche Bestimmungen

Sowohl das Bundesnaturschutzgesetz als auch das Landesgesetz zur nachhaltigen Entwicklung von Natur und Landschaft(Landesnaturschutzgesetz - LNatSchG) heben die besondere Bedeutung einer „natur- und landschaftsverträglichen“ (§ 5 BNatSchG,§ 3 LNatSchG) Landwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft hervor. Mit der Einhaltung der umfangreichen fachrechtlichen Regelungen und dem Befolgen der Grundsätze der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz sind notwendige Pflanzenschutzmaßnahmen mit den naturschutzrechtlichen Bestimmungen in Einklang zu bringen.


Quellen

B. Altmayer, B. Fader, A. Kortekamp, R. Ipach, U. Ipach, H.-P. Lipps, K.-J. Schirra, B. Ziegler (2012): Sachkunde im Pflanzenschutz (Weinbau). 7. überarbeitete Auflage. Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz, Abteilung Phytomedizin. Neustadt an der Weinstraße.