Sauerkirschen

Aus Hortipendium
Wechseln zu: Navigation, Suche
Sauerkirschen
Prunus cerasus
Linné, 1755
Sauerkirsche Jade Frucht.jpg
Sorte 'Jade'
Systematik
Klasse Bedecktsamer
Magnoliopsida
Gruppe Eudikotyledonen
Kerneudikotyledonen
Rosiden
Eurosiden I
Ordnung Rosenartige
Rosales
Familie Rosengewächse
Rosaceae
Gattung Kirsche
Prunus

Die Sauerkirsche (Prunus cerasus) gehört wie alle Kirschen zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Sie zählt zu den beliebtesten Früchten sowohl im Erwerbsobstbau, in Haushalten und bei Garten-Freunden. Die große Popularität erlangte die Sauerkirsche durch ihren fruchtigen Geschmack, ihre frische Säure und ihre intensive Färbung [1]. Prunus cerasus und Prunus avium, die Stammform unserer Süßkirsche, wachsen in Kleinasien und Transkaukasien, aber auch in Europa und im Kaukasus. Zwischen den Kultursorten der Süß- und Sauerkirschen sind auch Bastarde bekannt [2].


Geschichte

Der Anbau zusagender Formen von Wildkirschen dürfte auf dem Wege der Selektion aus natürlich vorkommenden Beständen schon recht früh erfolgt sein. Aus Funden in den Pfahlbauten des Bodensee-Raumes geht hervor, dass bereits 4000 – 3000 v. Chr. Süßkirschenfrüchte der menschlichen Ernährung dienten. Dies deutet darauf hin, dass die Kirschen zu dieser Zeit schon heimisch gewesen sein müssen. Weil gleichzeitig aus Italien stammende Pfirsich- und Aprikosensteine bei den Ausgrabungen gefunden wurden, besteht die Annahme, dass die Sauerkirschen durch die Römer eingeführt und weiter kultiviert worden sind. Die ältesten Funde von Süßkirschensteinen in Kempen und am Niederrhein werden in die mittlere Steinzeit datiert. Funde sind auch aus den Höhlen vorhistorischer Einwohner von Nordamerika und aus den Abfallhaufen frühgeschichtlicher Siedlungen in Skandinavien bekannt [2].

Kennzeichen

Die Kultursorten der Süß- und Sauerkirschen weisen Unterschiede im Aufbau des Baumes und im Charakter der Frucht auf.

Die Süßkirsche (P. avium) ist langlebig, zeigt einen kräftigen Wuchs und trägt rote bis schwarze Früchte von süßem bis bitterem Geschmack [2].

Die Sauerkirsche (P. cerasus) kommt als baumartiger Strauch vor, wächst langsam und wird selten über 30 Jahre alt. Die Äste sind dünner und schlanker. Meist sind die Zweige dünn, oft auch hängend und mit kleinerem Blatt besetzt. Die Blätter sind auf der Oberseite glatt und glänzen stark. Die Früchte sind weich und schmecken sauer. Die echten Sauerkirschen werden heute allgemein in die Gruppe der „Weichselkirschen“ (mit färbendem Saft) und der „Amarellen“ (mit nichtfärbendem Saft) eingeteilt [2].

Das Vorkommen der Bastardkirschen weist auf eine enge Verwandtschaft der beiden Arten hin. Ihre Früchte sind von süßlichsaurem Geschmack und werden von Feinschmeckern besonders geschätzt. „Bastard-Kirschen“ (engl. ‚Duke cherries‘) mit färbendem Saft werden als „Süßweichseln“, die mit nichtfärbendem Saft werden als „Glaskirschen“ bezeichnet [2].

Bedeutung im Anbau bzw. in der Wirtschaft und Industrie

Kirschen werden weltweit in den gemäßigten Klimaten angebaut. In Europa ist der Kirschenanbau von Süditalien bis Südschweden möglich [3]. Die Sauerkirschproduktion schreitet weltweit voran und seine Größe hat sich seit 1960 nahezu verdoppelt. Im Jahr 2004 wurden eine Million Tonnen geernteter Sauerkirschen registriert, davon wurden 70% in Europa produziert [4].

Während der letzten 30 Jahre hat sich der Schwerpunkt der Sauerkirschproduktion in Richtung Osteuropa verschoben. Die Ausdehnung der maschinellen Ernte begünstigte die Produktion hauptsächlich in Serbien, Polen und in Ungarn, da sich viele der dort angebauten Sorten für diese Erntemethode eigneten. Obwohl Deutschland zu den größten Produzenten von Sauerkirschen zählte, war es nicht möglich auf die maschinelle Ernte umzusteigen. Die Hauptsorte 'Schattenmorelle' war für die Schüttelmethode nicht verwendbar. Die maschinelle Ernte war ein Wendepunkt und ermöglichte eine ökonomische Produktion. Die Anforderungen des EU Marktes in den 80er Jahren bezüglich Anbau und Produktion der Sauerkirschen konnten viele Anbauer nicht erfüllen. In Westeuropa wurden große Anlagen abgeschafft und der Import der Sauerkirschen aus Osteuropa stieg an, besonders in Deutschland. Auf dem Europäischen Markt hat Deutschland den höchsten Verbrauch von Sauerkirschen. Jährlich werden 50 bis 60 Tausend Tonnen importiert. Ebenso signifikant ist der Verbrauch an Frischware. Allein Ungarn liefert 20.000 Tonnen Sauerkirschen, die teilweise noch verarbeitet werden[5] [4].

In Deutschland gehören Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Baden-Württemberg, Thüringen und Brandenburg zu den Ländern mit den größten Anbauflächen [3]. Insgesamt ist nach Erhebungen der ZMP (2005) in gesamt Deutschland eine Sauerkirschanbaufläche von 4.900 ha (bei 2.920.000 Bäume und 600 Bäume pro Hektar) zu verzeichnen. Allerdings haben in den letzten Jahren laut ZMP (2004) im Hinblick auf die hohen Kulturkosten und die unbefriedigenden Preise viele Betriebe aufgegeben, nach ZMP-Berechnungen –29% [6].

Abseits des Frischmarktes werden ganze Früchte in der Konservenindustrie verarbeitet. Pürees und Säfte finden in der Fruchtsaftindustrie, in Gebäck und Backwaren, in Konfekt oder in der Milchindustrie Verwendung [6]. Die Säfte oder Konzentrate dienen als Quelle für Nektar und Fruchtgetränke. Eine weniger große Bedeutung kommt der Produktion von Spirituosen und Weinen zu. Für die Fruchtsaftindustrie stellen Sauerkirschen ein wertvolles Rohmaterial dar. Daher sind Farbe und Farbstabilität wichtige Qualitätsfaktoren für die Produktion und das Marketing [1]. Neben dem Zucker-, Pektin- und Säuregehalt fordert die Verarbeitungsindustrie eine intensive Ausfärbung und eine befriedigende Geschmacksqualität des Fruchtsaftes. Gelegentlich wird auch der Vitamingehalt, vor allem der Gehalt an Vitamin C, als Gütemerkmal erwähnt [7].

Sorten

Je nach Verwendungszweck werden an die Sauerkirschsorten entsprechende Anforderungen gestellt, die zumeist nur von einem bestimmten Sortenspektrum erfüllt werden können. Ein züchterisches Ziel ist die Verbesserung des Sortimentes besonders im Hinblick auf höhere Krankheitstoleranz bei guter Produktivität. (siehe Sauerkirschsorten)

Inhaltsstoffe und Gesundheitswert

Im Wesentlichen bestehen die Früchte der Sauerkirschen aus Wasser, Mineralstoffen, Spurenelementen, Vitaminen, Ballaststoffen, Säuren und Alkohol. Ihr wertvollste Besitz für die Gesundheit des Menschen sind allerdings die sekundären Inhaltsstoffe – die Phenole. (siehe Inhaltsstoffe Sauerkirsche und Gesundheitswert Sauerkirsche)

Quellen und Einzelnachweise

  1. a b Will, F., Hilsendegen, P., Bonerz, D., Patz, C.-D., Dietrich, H. (2005) Analytical composition of fruit juices from different sour cherry cultivars. Journal of Applied Botany and Food Quality 79. S. 12 –16
  2. a b c d e Götz, G. (1970) Süß- und Sauerkirschen. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart. S. 7-12
  3. a b Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft (2006) Kirschen – die rote Versuchung. Gefunden am 06.01.2006 unter www.lfl.bayern.de
  4. a b Nyéki, J., Szabó, Z., Soltész, M., Popovics, L., Szabó, T., Thurzó, S., Fári, M., Veres, Z., Holb, I. (2005) Strategy of the sour cherry verticum in the northern great plain region hungary. An analytical study. Unveröffentlicht
  5. Fodor Z. (2004) A zöldség – gyümölcs piacszabályozás jelenlegi problémái és jövője. Zöldség és Gyümölcspiac 10-11. S. 11-12 in Nyéki (2005)
  6. a b ZMP (2005, 2004) ZMP-Marktbilanz Obst 2005, Deutschland – Europäische Union – Weltmarkt. Zentrale Markt- und Preisberichtsstelle GmbH, Bonn. S. 56
  7. Matzner, F. (1976) Vitamin C-Gehalt in Früchten der Schattenmorelle. Erwerbsobstbau 18. Jg.. Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg. S. 83 – 86

Lampe, I. und Hilsendegen P., DLR Rheinpfalz (2006): Die Inhaltsstoffe der Sauerkirschen (Prunus cerasus L.). Fachgruppe Obstbau im Bundesausschuss Obst und Gemüse. Neustadt an der Weinstraße, Berlin. 

Weiter Infos