Pilzanbau im Hobbygarten

Aus Hortipendium
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Nicht zu Unrecht wird der Pilzanbau im eigenen Gemüsegarten als die 'Hohe Schule' des Hobbygärtners bezeichnet. Die Problematik liegt vor allem darin, dass es hier nicht ausreicht (wie bei den übrigen Gemüsearten) nur zu säen, zu pflegen und dann zu ernten. Beim Pilzanbau müssen schon einige wichtige Punkte beachtet werden, um zum Erfolg zu kommen. Die meisten Pilze leben in der freien Natur nur in Symbiose mit anderen Pflanzen. Das heißt, nur in entsprechenden Lebensgemeinschaften ist eine 'Zucht' überhaupt erst möglich. Interessant wird die eigene Zucht aber auch auf Grund der Schadstoffbelastung unserer Umwelt, die auch den Erfolg der klassischen Pilzsammler vergangener Zeiten immer mehr in Frage stellt. Das Bestreben, Pilzanbau unter mehr oder minder kontrollierten Bedingungen zu betreiben, wird mehr und mehr interessant, zumal es sich hier um ein gesundes, nahrhaftes und geschmacklich reizvolles Lebensmittel handelt. Es muss allerdings schon an dieser Stelle vor der Illusion gewarnt werden, man könne hier endgültig auf die 'Selbstversorgung' umschalten. Trotz aller Fortschritte der Forschung gelang es bisher nicht, die gesamte breite Palette, die uns die Natur bietet, uneingeschränkt zu züchten. Als Beispiele seien hier nur Steinpilz und Pfifferling angeführt, deren Zucht noch immer große Probleme bereitet.
Unter natürlichen Bedingungen erfolgt die Fortpflanzung von Pilzen durch einzellige Sporen.
Dieses auch in der Zucht sehr komplizierte Verfahren sollte der Hobbygärtner dem Spezialisten überlassen. Sein Pilzanbau beschränkt sich auf die vegetative Vermehrung. Das heißt, er bezieht vom Spezialisten angebotene 'Pilzbrut', die er in jeweils spezielle Nährböden einbringt. Diese Brut kann an sterilisierte Getreidekörner, Häckselstroh oder Sägemehl angelagert sein. Sie soll hell gefärbt und mit dem bloßen Auge sichtbar von einem weißen Pilzgeflecht durchzogen sein. Jede Farbveränderung deutet auf Verunreinigungen bzw. auf eine Verseuchung der Brut hin. Zweckmäßig ist es, die Brut ca. zwei bis drei Wochen vor dem Zuchtbeginn zu bestellen, um noch ausreichend Zeit zur Verfügung zu haben, eventuell noch einen Test auf die Brauchbarkeit durchführen zu können. Hierzu wird eine kleine Probe auf feuchtes Löschpapier in einem Einweckglas bei Zimmertemperatur aufgestellt. Bereits nach drei bis vier Tagen zeigt sich die Keimfähigkeit recht deutlich. Die Brut selbst ist bis zum 'spicken' der Nährmedien kühl zu lagern. Anschließend erfolgt die Beimpfung der entsprechend vorbereiteten und auf die Pilzart abgestimmten Nährmedien. Wir unterscheiden heute bei den kultivierbaren Arten grundsätzlich zwischen strohbewohnenden und holzbewohnenden Arten. Für beide Gruppen gilt es einen windgeschützten, möglichst halbschattigen Standort im Garten auszuwählen. Eine direkte Sonnenbestrahlung stört die Pilzentwicklung. Wichtig für beide Gruppen ist ferner eine gleichmäßige Feuchtigkeit der Substrate und eine möglichst hohe Luftfeuchte im Umfeld.

Vorbereitung für strohbewohnende Arten

In der Regel werden hochdruckgepresste Ballen von Weizen- oder Gerstenstroh verwendet. Das Stroh sollte frisch und noch nicht angerottet sein. Vor einer Beimpfung ist das Stroh sorgfältig und durchdringend zu befeuchten. Es dürfen im Ballen keine Trockenstellen mehr vorhanden sein, andererseits muss auch die Möglichkeit bestehen, dass überschüssiges Wasser ablaufen kann. Ist dies beachtet, kann die Beimpfung erfolgen. Beim einfachsten Verfahren werden ca. zwölf 10 bis 15 cm tiefe Löcher in den Ballen gestoßen und jeweils mit der vom Hersteller empfohlenen Menge an Brut bestückt. Die Löcher sind anschließend wieder mit Stroh abzudecken. Von Zeit zu Zeit ist vorsichtig nachzuwässern.
Die Temperatur- und Nährstoffansprüche der verschiedenen Arten sind sehr unterschiedlich. Bei der Abhandlung der wichtigsten Arten wird hierauf nochmals eingegangen.

Vorbereitung bei holzbewohnenden Arten

Grundsätzlich sollte nur frisches Holz (ein bis drei Monate nach dem Einschlag) Verwendung finden. Ist das Holz bereits angetrocknet, wird ein Wasserbad empfohlen. Die Holzart richtet sich nach der jeweiligen Pilzgattung. Verwendung finden Stammteile mit etwa 30 cm Durchmesser, die in 40 bis 50 cm lange Stücke zerteilt werden. In 3 bis 5 cm tiefe Einschnitte oder Löcher wird hier die Brut abgelegt. Bei einigen Arten reicht auch eine Belegung der Schnittflächen aus. Vorteilhaft ist es, bereits beimpftes Holz mit Stroh und Folie abzudecken um auch hier die Feuchtigkeit zu erhalten. Ist das Holz vom Myzel durchwuchert, muss die Abdeckung entfernt werden. Geerntet werden häufig nur die Hüte, da die Stiele vor allem bei Hitze häufig holzig werden.

Die wichtigsten Pilzarten für den Hobbygärtner

Bei den folgenden Abhandlungen wird bewusst auf eine Beschreibung der Kultur des Champignon verzichtet. Sie würden den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Hinzu kommt, dass sein Anbau recht kompliziert ist und gewisse Räumlichkeiten und auch technische Ausstattung erfordert. Zunächst werden die für den Hobbyanbau wohl interessantesten Arten hier behandelt.

Der Austernseitling

Der Pilz zeichnet sich aus durch den aromatischen Geschmack und sein festes Fleisch. Nicht zu Unrecht wird er auch als Kalbfleischpilz bezeichnet.
Er ist ein typischer Holzbewohner, der am besten auf frischem Eichen-, Buchen-, Erlen- oder Pappelholz gedeiht. Hochstämme mit etwa 30 cm Durchmesser werden in 40 cm lange Stücke zerteilt. Auf die Schnittstelle wird die Brut verteilt und die Holzteile mit der beimpften Seite aufeinander gestapelt bis ca. 1,60 m Höhe, so dass ein dichter Block entsteht. Anschließend wird der Block mit Folie oder feuchten Säcken 'eingepackt' um die Feuchte zu erhalten. Das Myzelwachstum kann drei bis fünf Monate dauern. Optimal ist eine Temperatur von ca. 20 °C.
Ist das Holz durchwuchert, werden die Blöcke einzeln im Abstand von ca. 30 cm aufgestellt (Fruchtkörper wachsen seitlich aus dem Holz). Wird nur eine kleinere Menge angesetzt reicht es auch aus, nach dem Beimpfen eine Holzscheibe auf die mit Brut bestrichene Seite aufzunageln. Achten Sie aber auch hier auf die gleichmäßige Feuchtigkeit. Wir unterscheiden zwei Typen der Seitlinge:
Sommertyp = Fruchter von Juli bis September in Wellen bei 15 bis 35°C
Wintertyp = Fruchter von September bis Februar bei 4 bis 15°C.
Die Blöcke können bis zu vier Jahre beerntet werden. Achtung! Wenn es zur Sporenbildung kommt, kann es bei empfindlichen Personen beim Umgang mit den Pilzen zu Allergien kommen.

Shii-take

Ein im asiatischen Raum weit verbreitet angebauter Pilz, der durchaus interessant ist. Auch hierbei handelt es sich um einen Holzbewohner, der bevorzugt auf Eiche, Erle, Birke, Buche oder Kastanie angebaut werden sollte. Die Beimpfung erfolgt entweder über Bohrlöcher oder wie bei den Seitlingen beschrieben. Die Holzteile sind feucht und hell aufzustellen. 3 bis 5 Monate nach der Beimpfung beginnt die Fruchtbildung (Oktober bis April). Die Pilze wachsen ohne Stiel aus dem Holz. Auch hier können die Holzteile mehrjährig beerntet werden.
Die Pilzbrut wird auch als 'Biokultur' (bereits fertig beimpfte Substrate) gehandelt. Nach Erhalt wässern und an einen hellen Ort (keine direkte Sonne) aufstellen. Bei Bezug im Mai beginnt hier bereits Ende Juli die erste Ernte.

Kulturträuschlinge

20 bis 25 kg Stroh/m² gut befeuchten und schichtweise aufsetzen. Vor dem Aufbringen der letzten Schicht Pilzbrut aufstreuen. Den Gesamtstapel mit einer ca. 3 bis 5 cm starken Torf-Kompostmischung abdecken. Bei 20 bis 25°C optimales Myzelwachstum. Die Ernte beginnt nach etwa zwei bis drei Monaten (März bis November). Ein Anbau im Frühbeetkasten oder unter einem Plastiktunnel ist vorteilhaft. Achtung! Verträgt keine Dünger und keinen Kalk.

Schoftintling

Eine dem Champignon im Geschmack und in der Kultur nahe stehende Art.
Zur Vorbereitung einen etwa 1 cm breiten und 80 cm hohen Wall aus einer Stroh-Pferdemistmischung aufschichten. Es empfiehlt sich, etwas kohlesauren Kalk anzusetzen. Den Wall mehrmals umsetzen, damit es zu einem leichten Vergären kommt. Nach drei Wochen erfolgt die Beimpfung. Anschließend den Gesamtstapel 5 bis 6 cm stark mit einem Erde-Torfgemisch abdecken. Bereits bei 18 °C optimales Myzelwachstum. Die Haupternteperiode liegt zwischen April und Oktober. Es ist darauf zu achten, dass die Ernte frühzeitig erfolgt, bevor die spargelkopfähnlichen Fruchtkörper sich zu öffnen beginnen und bevor sich der untere Hutrand beginnt schwarz ('Tintling') zu färben.

Weitere gehandelte Arten

Gelber Trichterling
Substrat: Stroh und angerottetes Holz. Erntezeit: Juli bis Oktober
Brauner Egerling
Substrat: Pferdemist. Erntezeit: Januar bis Dezember
Violetter Ritterling
Substrat: Pferdemist und Stroh oder Buchenlaub, Nadeln
Erntezeit: September bis Februar
Braunkappen
Wertvoller vitaminreicher Speisepilz. Substrat: Stroh
Stockschwämmchen
Substrat: Buchen-, Ahorn-, Pappel-, Birken- oder Kastanienholz
Kultur wie Shii-take. Erntezeit: April bis Oktober
Samtfußrübling
Substrat: Eschen- oder Birkenholz. Erntezeit: Oktober bis Februar (Winterpilz)
Rauchblättriger Schwefelkopf
Substrat: Nadelholzarten. Erntezeit: Oktober bis November

Lieferfirmen von Pilzbrut

Fa. Bakker Holland 22922 Ahrensburg, Tel: 04102-499 111, Fax: 04102-499 122, E-Mail: kundenservice@bakker-holland.de
Dehner GmbH & Co. KG, Donauwörther Str. 5, 86641 Rain, Tel.:09090/77-0, Fax: 09090/77-7153 E-Mail:info@dehner.de
Ahrens & Sieberz, 53718 Siegburg, Tel.: 0180 514 0 514, Fax:0180 514 0 516, info@as-garten.de
Hawlik Euro-Pilzbrut GmbH, 82062 Großdingharting ,Tel.: +49 8170 / 651, Fax: +49 8170 / 220 E-Mail: info@pilzshop-online.de
Dunkelhäuser 14, 02929 Rothenburg Tel.: 035891/35423 FAX: 035891/35411 E-Mail: info@edelpilzzucht.de
Dipl.-Ing. Nicola Krämer, Gustav-Adolf-Str. 11, 30167 Hannover Tel: 0511 - 71 70 54, Fax: 0511 - 649 87 18, E-Mail: nicola.kraemer@t-online.de
Edelpilzzucht Breck, Dubrauke, Schafbergstraße 31, 02694 Malschwitz, Tel.: 035 932 / 30 184, Fax:035 932 / 36 954 info@edelpilzzucht-breck.de

Literatur zum Pilzanbau

"Speisepilze selbst angebaut" V. Kindt, Deutscher Landwirtschaftsverlag
"Der große und der kleine Gemüsegarten", E. Niller, Verlag Paul Parey
"Pilze im Garten", Helmut Steineck, Verlag Eugen Ulmer
"Frische Pilze selbst gezogen", Ditmar Werner, Verlag Paul Parey
"Pilzanbau in Haus und Garten", E. Roland, Verlag Paul Parey
"Pilze aus dem eigenen Garten", Verlag Paul Parey
"Pilzanbau", Lelley Jan, Verlag Paul Parey

Weblinks

http://www.gartenakademie.rlp.de