Ulmensterben

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Ulmensterben
Ophiostoma novo-ulmi
Brasier, 1991
Synonyme
Ceratocystis ulmi, Ceratostomella ulmi
Ceratocystis-ulmi-Ulme2.jpg
Holzquerschnitt mit ringförmigen Verbräunungen nach Befall durch Ceratocystis ulmi
Systematik
Abteilung Schlauchpilze
Ascomycetes
Klasse Sordariomycetes
Ordnung Ophiostomatales
Familie Ophiostomataceae
Nebenfruchtform Graphium ulmi

Das Ulmensterben, auch Holländische Ulmenkrankheit genannt, ist eine Pilzkrankheit, die durch den Erreger Ophiostoma novo-ulmi (Ceratocystis ulmi) hervorgerufen wird. Die Krankheit stammt vermutlich ursprünglich aus dem asiatischen Raum und breitete sich seit 1918, ausgehend von Frankreich und den Niederlanden, in ganz Europa und seit 1940 auch in den USA aus. In den 1960er Jahren wurde eine hoch pathogene Rasse des Krankheitserregers aus Nordamerika nach Europa eingeschleppt. Die Einschleppung von Ceratocystis ulmi nach Deutschland hatte zur Folge, dass viele Ulmenbestände großflächig vernichtet wurden, beispielsweise in Parks und Alleen. Dabei wurden auch viele Naturdenkmäler zerstört und die Ulme verschwand als Landschafts- und Parkbaum.


Wirtspflanzen

Zu den betroffenen Wirtspflanzen zählen Ulmus minor (Feldulme), U. effusa (Flatterulme), U. glabra (Bergulme), U. procera (Englische Ulme) und U. americana (Amerikanische Ulme, Weißulme). Ulmus parvifolia (Chinesische Ulme, Kleinblättrige Ulme) gilt als relativ widerstandsfähig.


Krankheitsbild

Bei Befall durch Ophiostoma novo-ulmi (Ceratocystis ulmi) kommt es zur Welke und zum Absterben der befallenen Triebe und Äste, da der Pilz die Wasserleitungsbahnen der jungen Triebe verstopft (Tracheomykose).

Zusätzlich produziert der Pilz Welketoxine. Diese verursachen das Kollabieren benachbarter Parenchymzellen und lösen heftige Thyllenbildung (Thyllen = Füllzellen) aus, was zu einer weiteren Unterbrechung des Transpirationsstroms (Wassertransport in den Kronenbereich) führt. Die Thyllenbildung ist im Holz in Form von Verbräunungen zu erkennen (siehe nächster Abschnitt).

Neben Welkeerscheinungen können die Blätter zunächst auch vergilben und vorzeitig abgeworfen werden. Die Zweigspitzen verbräunen und sterben ab. Charakteristisch ist dabei eine hakenförmige Krümmung der Triebspitzen, die oft noch im Winter an den ansonsten laubfreien Zweigen hängen. Im Querschnitt sind im Kambium ringförmige, braune Verfärbungen sichtbar. Wenn die Baumrinde entlang des Baumstammes abgezogen wird, sind darunter dieselben Verbräunungen als Streifen erkennbar.

Holzquerschnitt mit ringförmigen Verbräunungen


Bei aggressiven Pilzstämmen sterben die Bäume schnell ab, bei weniger aggressiven Stämmen gehen die Absterbeerscheinungen schleppend einher. Durch die Verstopfung der wasserführenden Bahnen sterben zunächst einzelne Äste, später dann ganze Kronenbereiche (zunächst meist einseitig) ab, bis schließlich der ganze Baum betroffen ist.

Da sich der Pilz über die Wasserleitungsbahnen im Baum verbreitet, erkranken vitale, schnell wachsende Bäume stärker als langsam wachsende.


Lebensweise

Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch Ulmensplintkäfer (in Europa: Scolytus-Arten, in Nordamerika: Hylurgopinus rufipes), die in ihren Brutgängen mit dem Pilz in Kontakt kommen. In den Larvengängen der Ulmensplintkäfer finden sich ca. 1 mm große schwarze gebündelte Sporenträger (sog. Graphien). An deren Spitze befinden sich Konidien (Sporen) in großen schleimigen Tropfen.

Außer durch Ulmensplintkäfer kann der Pilz durch Wurzelverwachsungen zwischen kranken und gesunden Bäumen übertragen werden.

Die Verbreitung des Pilzes ist eng mit der Biologie des Ulmensplintkäfers gekoppelt. Im Frühjahr verlassen die Jungkäfer das Gängesystem unter der Rinde erkrankter Bäume und besiedeln die Kronen gesunder Bäume, um dort zu fressen. Dabei übertragen sie die noch an ihnen haftenden Pilzsporen des zuvor befallenen, kranken Wirtsbaumes. In den wasserführenden, noch gesund aussehenden Jungtrieben dringt der Pilz mit seinen Hyphen durch die Holztüpfel von Gefäß zu Gefäß vor. Außerdem werden die vom Pilz gebildeten Sporen über die Leitbündel im ganzen Baum verteilt. Erste Symptome der Krankheit treten ab Juni auf.

Der Pilz schädigt die Bäume auf zweierlei Weise: Zum einen verstopfen Pilzhyphen, Sporen und Stoffwechselprodukte die Leitbahnen, so dass kein Wassertransport mehr stattfinden kann. Außerdem bildet der Pilz Wachsstumsstoffe, die bereits ausdifferenziertes Holzgewebe wieder zu neuem Wachstum anregen (Thyllenbildung). Durch die Thyllenbildung, im Grunde eine natürliche Abwehrreaktion des Baumes, kommt es zu einer weiteren Behinderung des Transpirationsstromes.

Ceratocystis ulmi kann auch saprophytisch in bereits abgestorbenen Ulmen leben.


Bekämpfung

Erste Züchtungserfolge von resistenten Ulmensorten in den Niederlanden (z.B. „Bea Schwarz“), die nach der ersten Infektionswelle im 20. Jahrhundert Abhilfe versprachen, wurden durch das Auftreten des hochpathogenen Erregerstammes in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunichte gemacht. Erst ab den 1980ern ist es in den USA gelungen, resistente Sorten, sog. Resista-Ulmen, zu züchten: „Sapporo Gold“, „Recerta“, „Regal“. In Deutschland werden momentan vier verschiedene Sorten als Hochstamm angeboten: „New Horizon“, „Rebona“, „Regal“, und „Rebella“ (siehe auch http://www.resista-ulmen.com). Das Pflanzen dieser Sorten ist der effektivste Weg, der verheerenden Ulmenkrankheit zu begegnen. Diesen resistenten Baumsorten gelingt es, durch schnellere und effektivere Abwehrreaktionen eine Ausbreitung der Krankheit im Holz zu verhindern.

Bereits befallene Bäume (mit Welkesymptomen) müssen gerodet werden. Bei Befall im Anfangsstadium kann möglicherweise durch großzügiges Entfernen betroffener Äste die Ausbreitung der Krankheit örtlich verhindert werden.

Generell sollten, auch bei gesunden Bäumen, regelmäßige Pflegemaßnahmen durchgeführt werden. Dazu zählt beispielsweise das Entfernen abgängiger Äste, die Ulmensplintkäfer anlocken könnten.

Ab Mai ist das Auftreten des Ulmensplintkäfers zu überwachen (Bohrlöcher besonders in Astgabeln dünner Äste). Pheromonfallen tragen zur Reduktion und Kontrolle der Käferpopulationen bei. Die Bekämpfung des Überträgers war in der Vergangenheit aber wenig erfolgreich. Ebenso scheiterten Versuche, die Ausbreitung der Krankheit durch Injektion von Fungiziden in die Wasserleitbahnen zu verhindern.

Für wertvolle Altbaumbestände, die noch nicht erkrankt sind, könnte kurz vor Flugbeginn des Ulmensplintkäfers eine Impfbehandlung vorgenommen werden. Dabei wird mit geringem Druck injiziert. Diese Impfung mit Sporen eines nicht pathogenen Stammes von Verticillium, die mit einer Spritze in den Stamm der Ulmen injiziert werden, verhindert die für den Baum tödliche Thyllenbildung. Dieser Impfschutz (Dutch Trig, siehe Liste der Pflanzenstärkungsmittel des JKI) muss jedes Jahr erneuert werden.


Quellen

  • Nienhaus, F. und Kiewnick L. (1998): Pflanzenschutz bei Ziergehölzen. Ulmer Verlag. Stuttgart. ISBN 3-8001-5291-6
  • Butin, H. (1989): Krankheiten der Wald- und Parkbäume. Thieme Verlag. Stuttgart. ISBN 3-13-639002-4
  • Schütt, P., Schuck, H.J. und Stimm, B. (Hrsg.) (2002, Sonderausgabe): Lexikon der Baum- und Straucharten. Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. Hamburg. ISBN 3-933203-53-8
  • Stinglwagner, G. F., Haseder, I.E. und Erlbeck, R. (3. Auflage 2005): Das Kosmos Wald- und Forstlexikon. Kosmos. Stuttgart. ISBN 978-3-440-10375-3
  • Stipes, R.J., Campana R.J. (eds.) (1981, 96 Seiten): Compendium of elm diseases. The American Phytopathological Society. St. Paul, Minnesota. ISBN 0-89054-042-X
  • Nierhaus-Wunderwald, D. und Engesser, R. (2003): Ulmenwelke. Biologie, Vorbeugung und Gegenmassnahmen. In: Merkblatt für die Praxis, Eidg. Forschungsanstalt WSL, CH-8903 Birmensdorf. 

Weblinks

http://www.resista-ulmen.com

http://www.forst.tu-muenchen.de/EXT/LST/BOTAN/LEHRE/PATHO/ULMUS/ophiosto.htm

http://www.dutchtrig.com/dld/home.html

http://www.pflanzenstaerkungsmittel.jki.bund.de/

http://www.wsl.ch/dienstleistungen/publikationen/pdf/5593.pdf