Herkünfte der Obstarten

Aus Hortipendium
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Lucius Licinus Lucullus ist unauslöschlich in die Obst-Geschichte eingegangen, weil er als römischer Feldherr die Feinschmecker-Leckereien des Vorderen Orients querbeet durchgekostet und in Rom marktfähig gemacht hat. Er gilt als Entdecker der Kirsche für die westliche Welt. Tatsache ist, dass die meisten unserer so alltäglichen Obstarten eigentlich „Exoten“ sind. So haben alle möglichen Früchte bereits zu Olims Zeiten ihren Weg aus dem Mittelmeerraum nach Zentraleuropa gefunden. Die sprachgeschichtlichen Betrachtungen zeigen, wie dynamisch der internationale Obstmarkt zu allen Zeiten war und wie untrennbar er mit historischen Einflüssen verbunden ist. Ein Blick in die Obsttheken der Supermärkte zeigt es: Kiwi, Litchies, Caramba und viele andere Exoten stehen in den Regalen, Jahr um Jahr werden es mehr. Und alle konkurrieren mit dem Obst aus heimischer Produktion. Die Konsumenten mag das erfreuen, den deutschen Obstbauern wird das Leben damit nicht gerade erleichtert. Mit der „Globalisierung“ schlagen sich die Obstbauern jetzt seit mehr als 2000 Jahren herum. Umso mehr kommt es darauf an, dass sie die Signale des Marktes aufmerksam auffangen - und just die gewünschten Früchte erzeugen.

Kirsche

Die Kirsche, wurde 76 v. Chr. aus der kleinasiatischen Stadt Kerasos von Lucullus nach Italien gebracht. Von dort aus verbreitete sie sich in ganz Europa, und ihr Name mutiert von griechisch „Kerasion“ zu französisch „cèrise“, italienisch „ciliagia“, schwedisch „Körsbar“ und eben deutsch „Kirsche“. In der Schweiz werden die süßen Früchte „Chrisie-Beeren“ genannt.
Die Schattenmorelle verdankt ihren Namen einer regelrechten Sprach-Verballhornung. Mit besonders gutem Wuchs- und Reifeverhalten im Schatten hat er nämlich nichts zu tun, sondern damit, dass sie aus den Obstgärten des französischen Château de Moreilles stammt. Es gibt aber auch noch eine andere, nicht belegbare Überlieferung. Sie leitet sich von einem Inbegriff der Wärme her: Französisch soll es die Bezeichnung „chat au mur“ = „Die Katze auf der Mauer“ geben. Katzen liegen gern auf angewärmten Mauern. Und warme Standorte werden auch von der Schattenmorelle bevorzugt.

Marillen

Morelle“ und „Marille“ liegen klanglich recht eng beieinander. Aber die Marille, wie eine kleine Aprikosenart in Österreich heißt, soll sich von einem althochdeutschen Wort für „gelb“ herleiten, der Vokabel „Ammer“, die noch heute im Vogelnamen „Goldammer“ auftaucht. Die „Am-Marille“ leitet sich von daher ab. Die Aprikose ist mit diesem Namen seit 1665 in Deutschland belegt. Sie ist ein Mitbringsel der Sarazenen, die diese Frucht nach Andalusien importieren und sie dort „Albarkok“ = „der gelbe Pfirsich“ nannten. Daraus wurde spanisch „albaricoque“ und ans Niederländische weitergereicht „albrikos“.

Mirabellen

Marillen sind nicht zu verwechseln mit den Mirabellen. Diese haben eine besonders schöne, sprachhistorische belegte Namensvita. Sie heißen griechisch „Myrobalanos“, wörtlich übersetzt: „Duftspender“. In freizügiger Variation wurde in Frankreich aus dem ersten Wortteil „miracle“ = „das Wunder“ und aus dem zweiten „belle“ = „die Schöne“ - kurzerhand „Mirabelle“, die Wunderschöne.

Pflaume und Zwetschge

Mit der Pflaume geht es wieder etwas bodenständiger zu. Sie wurde den Germanen durch die Römer bekannt, und aus dem lateinischen „prunum“ formte man mittelhochdeutsch „pfrume“. Ihre Tochter, die Zwetschge oder die Zwetsche hat ihre ureigene Sprachgeschichte. Die Zwetsche kommt aus Damaskus, und 1534 wird die „Pflaume zu Damasco“, die „damascener Pflaume“, erstmals aktenkundig. Spricht man die Mitlaute „sc“ italienisch wie „tsch“ aus, ist die Brücke zur Zischlautfrucht schnell geschlagen. Ein königlicher Spross der Pflaumenfamilie ist die Reneklode, französisch „Reneclaude“ geschrieben, übersetzt „Königin Claudia“. Sie war die Gemahlin des französischen Königs Franz I., der von 1494 bis 1547 lebte.

Feige

Viel einfacher ist die Sache mit der Feige. Ihr Name kommt vom lateinischen „ficus“, woraus in den römischen Provinzen „figa“ wurde.

Melone

Bei der Melone denkt man, es sei einfach, denn der Name käme vom griechischen „Mélon“, Apfel, hergeleitet, was natürlich mit dem lateinischen „malus“ verwandt ist. Endgültige Aufklärung bringt der wissenschaftliche Name der Melone: Cucumis melo, also der „Apfelkürbis“.

Rhabarber

Bei dem Rhabarber kann man sich streiten, ob er Obst oder Gemüse ist. Er stammt aus China und Tibet und kam über Persien nach Griechenland. Dort kannte man „Rha“, den alten Name der Wolga. Also ist „rha barbaron“ eigentlich die Barbarenpflanze. Jedenfalls eignet sich der Name zur Imitierung von Volksgemurmel auf der Bühne, wo die Statisten „Rhabarber, rhabarber“ zu artikulieren haben, wenn sie die Unruhe der öffentlichen Meinung kundtun sollen.

Apfel

An erster Stelle des deutschen Obstes steht der Apfel. Seinen Namen verdankt er nicht einer antiken Sprache, sondern dem Althochdeutschen. Er findet sich im englischen „apple“ und im skandinavischen „epple“ wieder.

Birne

Die Birne ist, als Urform Holzbirne, ebenfalls „urgermanisch“, aber man weiß nicht so recht, wie sie damals benannt worden ist. Jedenfalls beweisen Funde von getrockneten Birnen aus steinzeitlichen Pfahlbauten, dass die Frucht ein heimisches „Urobst“ ist. Der Name kam dann mit den edleren Sorten aus Rom, wo man die unten dicke und oben dünne Frucht „pirus“ nannte. Das wurde bis ins Plattdeutsche hinein eingedeutscht. Dann das alte Wort „Beer“, das nicht nur für Beerenobst, sondern für Früchte überhaupt stand, ging mit Selbstverständlichkeit auf die Birne über. Eine gelungenere Verbindung zwischen einem lateinischen und einem deutschen Ursprung kann es wohl kaum geben.

Beeren

Keine Steinobstart ist bei uns heimisch. Wohl aber das Beerenobst, das aus den Wäldern in den Bauern- und Klostergärten „domestiziert“ wurde. Deren Namen haben keinen Deutungsbedarf:

Erklärungsbedürftig sind aber

  • Himbeere: Die Himbeere hieß ursprünglich „Hintbeere“ und galt als Strauch, an dem die „Hindin“, das weibliche Rotwild, gern äste.
  • Brombeere: Die Brombeere hat mit der Stacheligkeit zu tun, denn „Bram“ oder „Brahm“ ist im Althochdeutschen die Bezeichnung für einen Dornenbusch.
  • Preiselbeere: Sie sind östlicher Herkunft und über die sandigen, sauren Böden, auf denen sie gedeihen, von dorther mit ihrem Namen eingewandert. Mit einer altslavisch/sorbischen Benennung hießen sie „bruslica“, was bedeuten soll, das seien die Beeren, die man „abstreift“. In Schlesien sagte man einst, wenn man Preiselbeeren im Wald sammeln wollte: „Ich gehe abpreiseln“.

Südfrüchte

Mit den Entdeckungsreisen der heraufziehenden Neuzeit, für die Namen wie Christoph Columbus, Vasco da Gama, Marco Polo und Amerigo Vespucci stehen, kamen auch zuvor völlig unbekannte Fruchtgenüsse auf die mitteleuropäischen Tische. Zunächst waren das Luxusartikel allererster Güte, die in die Höfe und Salons der Renaissance und des Barock Einzug hielten und die auf diese Perioden kulturprägenden Einfluss hatten. Der Verzehr von „Südfrüchten“ wurde zum Statussymbol, und die „sündhaften“ Getränke „Coffé“ und „Chocolat“ kamen in Mode. Die exotischen Genüsse beeinflussten die gesellschaftlichen Riten und inspirierten die aufblühenden Porzellanmanufakturen zu wunderschönen künstlerischen Kreationen. Es entwickelte sich das genussbetonte Lebensgefühl dieser Zeit.

Orangen

Eine typische "Südfrucht" ist die Orange, oder der Namensanalyse wegen der „Apfelsine“. Die Ableitung lautet „Chinesischer Apfel“. Aber wer glaubt, dass die Farbbezeichnung „orange“ namensgebend für die „Orange“ gewesen sei, liegt falsch. Von ihrem asiatischen Ursprung her ist der Wortstamm „arans“ von der Frucht, nicht der Farbe her, belegt. Schon 1315 schrieb der naturkundige Konrad Megenberg: „die Äpfel, die da haissent aranser, von dem paum arans“. Also: die Spektralfarbe ist nach der Frucht benannt und nicht umgekehrt. Das Wort Apfelsine wird erst ab etwa 1700 benutzt und hat seinen Ursprung in den Importhäfen Hamburg und Amsterdam.

Mandarine

Die Mandarine trägt einen Kunstnamen, der im 19. Jahrhundert aufkam. Er deutet an, dass diese Frucht von allen Apfelsinentöchtern am höchsten steht, wie eben die Mandarine in China die höchsten Staatsämter innehatten. Deren Tracht war zudem gelb. Das Wort „Mandarine“ erscheint in Deutschland erstmals 1853. Die Frucht wird „als eine Art kleiner Apfelsine aus Malta“ beschrieben.

Pampelmuse

Der erste Teil des Wortes kommt wiederum aus dem Griechischen: „Pepon“ heißt wörtlich „von der Sonne gekocht“, also „reif“. Der zweite Wortteil „Muse“ weist auf eine besondere ästhetische Qualität hin, aber welche der neun Musen nun wirklich zuständig für diese Frucht ist, muss offen bleiben.

Banane

Bei Musa domestica, der Banane, übersetzt die „Hausmuse“, fällt eine solche Zuordnung schon leichter, wenn man nur an Josephine Baker denkt. Diese Showtänzerin pflegte sich mit dieser Staudenfrucht, und sonst nicht viel mehr, zu drapieren. Da kommt nur Erato, die Muse der Liebe und Terpsichore, die des Tanzes, in Betracht. Das umgangssprachliche Wort „Banane“ stammt aus dem Sprachschatz der westafrikanischen Herkunftsländer Kongo und Guinea.


Quellen

Gartenakademie Rheinland-Pfalz