Feldhygiene

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Vorbeugen ist besser als heilen! Diese alte Weisheit kennt jeder. Bei der konsequenten Anwendung im Gemüsebau, Zierpflanzenbau, Weinbau usw. hapert es jedoch oft. Vielfach ist nicht klar, welche positiven Effekte bei konsequenter Feldhygiene möglich sind und was im Einzelfall zu tun ist. Wem ist schon bewusst, welches Unkrautpotential sich z.B. schon in vielen Gemüseböden inzwischen aufgebaut hat? Noch schwerer ist es, abzuschätzen wie viele Dauerkörper einer bodenbürtigen Pilzkrankheit im Boden nur darauf warten, unsere Kulturen zu zerstören. Könnte man den Problemdruck im Bereich Unkrautsamen, Bakterien, Sklerotien, Fruchtkörper oder Eier, Puppen von Schädlingen sowie die schädlichen Nematoden sichtbar manchen, dann wären der Sinn von Hygienemaßnahmen und damit der Feldhygiene viel einfacher zu erklären.

Sachgerechte Durchführung

Feldhygiene sachgerecht durchführen
Die Hauptidee der Feldhygiene ist es, durch fachmännische Voraussicht, die sich durch den üblichen Anbau entwickelden bzw. zunehmenden bodenbürtigen Probleme zu vermeiden oder zu minimieren.
Gute Feldhygiene ist somit eine Frage der Betriebsplanung und oft auch ein Termingeschäft. Feldhygienemaßnahmen sind zum Teil kostenlos. Mit einem überschaubaren, vorbeugenden Einsatz kann man sich jedoch oft in den Folgejahren viel Ärger, Ertrags- und Qualitätsverluste ersparen. Vom Betriebsleiter wird dabei jedoch eine beachtlich Fähigkeit an Weitsicht und Vorausschau verlangt.
Wie die wichtigsten Feldhygienemaßnahmen im Laufe einer Kultur aussehen, zeigt die folgende Tabelle.

Vor Kulturbeginn Während der Kultur Kulturende
Feldauswahl: Fruchtfolge: Sortenwahl: Unkräuter: Krankheiten: Schädlinge: Alle Probleme
Gesunde Parzellen auswählen! Gezielt optimieren! Robuste oder resistente Sorten bevorzugen! Jegliche Samenbildung verhindern! Die Bildung von Dauerkörpern minimieren! Die Bildung von Überwinterungformen verhindern! Problementwicklung jeder Art abstoppen!
z.B. z.B. z.B. z.B. z.B. z.B. z.B.
Frei von Kohlhernie, Dauerunkräutern usw. Wirtspflanzen großer Probleme nicht nacheinander anbauen! Mehlrauresistete Spinatsorten, Innenbrandtolerante Salatsorten. Notfalls auch Restunkräuter von Hand jäten! Es sollten keine Sklerotien, Pyknidien usw. entstehen. Es sollten keine Puppen usw. entstehen! Jeglichen Aufwuchs sofort beenden! Vorhandene Probleme beseitigen!



Unkraut

Samenbildung beim Unkraut verhindern
Will man im Gemüseanbau, Zierpflanzenbau usw. vorbeugend aktiv werden und erfolgreich Feldhygiene betreiben, geht es in vielen fällen insbesondere um die Unkräuter (siehe Abbildungen).

Samenbildung

Mit der Samenbildung beginnt das eigentliche Problem!
Viel Geld und Zeit wird investiert, um mit dem ständigen und ewigen Unkrautdruck fertig zu werden. Vor allem in den alten, traditionellen Anbauregionen sieht man vielfach Äcker auf denen sich bestimmte Unkrautarten extrem vermehrt und durchgesetzt haben. Dies liegt vor allem an den eingesetzten Herbiziden und deren Wirkungslücken bezüglich der Erfassung bestimmter Unkräuter. Im Freilandgemüsebau weiß z.B. jeder Salatanbauer, der jahrelang Kerb auf dem selben Acker als Herbizid eingesetzt, dass er damit die Unkräuter aus der Familie der Kreuzblütler wie Franzosenkraut, Kreuzkraut und Kamille nur unzureichend erfasst und damit vermehrt hat. Aber auch in gut gemeinten Gründüngungseinsaaten ist der Effekt oft eher negativ. Das ist dann der Fall, wenn die Gründüngungspflanzen es nicht schaffen, den Unkrautaufwuchs zu unterdrücken und dieser als Folge davon massenhaft Samen produziert.

Eine unheilvollen Entwicklung im Bereich Verunkrautung beginnt, wenn wir Unkräuter in Samen gehen lassen. Zeitdruck, ungünstiges Wetter, aber auch Unterschätzung des damit eintretenden "Problemsprungs" sind die häufig die Gründe für die mangelhafte Feldhygiene.

Die Unkraut-Samenbildung ist ein "Problemsprung"!
Unkräuter können allein durch ihr Vorhandensein eine Kultur schädigen. Kommt es jedoch zur Samenbildung es es innerhalb gewissermaßen explosiondsartig, innerhalb weniger Tage zu einem "Problemsprung" kommen. Bildhaft dargestellt ist in der folgenden Grafik.
Betrachtet man einmal den Vorgang am Beispiel des Gemeinen Kreuzkrautes so stellt man mit Schrecken fest, dass sich von innerhalb eines Jahres über einer über eine 1 Mio. Nachkommen bilden könnnen.
Um sich die Problematik der Unkraut-Samenbildung zu verdeutlichen, ist es auch beeindruckend, einmal die Anzahl von Unkrautsamen pro qm Ackerland abzuschätzen. Es ist unglaublich, was da millionenfach auf seine Chance wartet.




Wieviel Unkrautsamen gibt es pro qm Ackerland?

  • Die Anzahl keimfähiger Unkrautsamen pro qm Ackerland kann enorm hoch sein.
  • Generell findet man im Freilandgemüsebau meistens erheblich mehr Unkrautsamen als im Ackerbau.
  • Einen großen Einfluss dabei hat die angewandte Feldhygiene und der Herbizideinsatz.
  • Da eine Reihe von Herbiziden, die im Gemüsebau angewandt werden erhebliche Wirkungslücken haben, selektieren sich oft bestimmte Unkrautarten sehr stark.
  • Wohl die meisten Unkrautsamen pro qm findet man erfahrungsgemäß in kleinen Freilandgemüsebaubetrieben, die Salat anbauen. Hier sind Samenmengen 500.000 Stück je qm nicht selten.
  • Wer bei dieser Zahl Bedenken hat, ob das überhaupt räumlich möglich ist, sollte folgenden Rechengang einmal durcharbeiten.
  • Wählt man beispielsweis eine Unkrautart wie das Gemeine Kreuzkraut (Senecio vulgaris) und geht von einem Tausendkorngewicht von 0,25 g aus, so wäre das insgesamt bei 500.000 Samen ein Gewicht von 125 g je qm.



Neue Unkräuter

Neue Unkräuter (Neophyten) ernst nehmen!
Verstärkt durch die Globalisierung mit seinem internationalen Handel wandern immer mehr, bisher unbekannte Pflanzenarten, nach in Mitteleuropa ein. Einige dieser eingewanderten Pflanzenarten werden z.B. im Gemüsebau zunehmend zum Problem. Allgemeine Informationen zu der Problematik findet man in Wikipedia.


Giftige Unkräuter

Bei giftigen Unkräutern im Gemüsebau Nulltoleranz!
Giftige Unkräuter wie das Gemeines Kreuzkraut (Senecio vulgaris), Schwarzer Nachtschatten (Solanum nigrum), Gemeiner Stechapfel (Datura stramonium), Kartoffeldurchwuchs (Solanum tuberosum) und das Einjährige Bingelkraut (Mercurialis annua) dürfen auf keinen Fall beim Verkauf z.B. bon Blattgemüse in der Packung, dem Beutel usw. vorhanden sein. Vorkommen und gefährlich werden können die genannten, giftigen Pflanzenarten vor allem beim Anbau von Sägemüse wie z.B. Salate, Spinat, Rucola, Kräuter sowie Gemüse, das als Blattware vermarktet wird.
Wer in seinem Betrieb Probleme mit giftigen Unkräutern hat, muß die Feldhygiene professionell betreiben. Hier sollte wirklich die Samenbildung wo es nur geht unterbunden werden


Fachwissen

Wir sollten mehr von den einzelnen Unkräutern wissen!
Um mit dem Unkraut oder auch Beikraut besser fertig zu werden, sollten wir mehr über die einzelne Art wissen. Insbesondere der Problemsprung, das heißt, dass Stadium der Samenbildung muss unbedingt bekannt sein. Eine entsprechende Untersuchung bei den wichtigen Unkrautarten: Gemeines Kreuzkraut, Franzosenkraut, Gänsefuß/Melde und Amarant kann uns zeigen, worauf es ankommt bzw. wann es gefährlich wird.
Bei den beiden Korbblütler-Unkräutern Gemeines Kreuzkraut und Franzosenkraut ist mit keimfähigen Samen zu rechnen, sobald die Blütenknospen die gelbe Farbe zeigen (siehe Fotos). Wer also erst nach Beginn der Samenbildung mit der Bekämpfung beginnt, wird kaum einen vollen Erfolg erzielen. Eine Untersuchung zeigte auf, ab wann das kritische Stadium der Samenbildung beginnt. Etwas schwieriger ist der Problemsprung bei den beiden folgenden Unkräutern Gänsefuß/Melde und Amaranth zu erkennen. In den Versuchen wurde es jedoch auch noch recht gut einschätzbar. Mit Hilfe der Abbildungen kann man das kritische Stadium sicherlich auch auf dem Feld bestimmen.

Wer die englische Sprache beherrscht, findet im Internet umfangreiche Informationen zum Thema Unkräuter. Eine besonders interessantes Infoangebot findet man bei "Organic Weed Management". Wer Informationen zur einzelnen Unkräutern sucht, findet sie unter Weed information. Wissenswertes zu den einzelnen Unkrautarten gibt es unter: * A-Z of weeds by latin name.

Krankheiten

Bei Krankheiten die Dauerkörperbildung minimieren!
Jede Pflanzenkrankheit hat eine bestimmte Art zu überwintern oder eine für sie üngünstige Vegeationsperiode, sogar Jahre, zu überdauern. Wir sollten deshalb genau wissen, welche bodenbürtigen Krankheiten unsere Erträge und Qualität schmälern und wie sie im Boden überdauern. Sobald Dauerkörper vorliegen, vergrößert sich das Risiko eines weiteren und verstärkten Befalls um ein Vielfaches. Ähnlich wie bei der Unkraut-Samenbildung, sprechen wir auch hier von einem "Problemsprung".

Pilze

Wie Pilzkrankheiten ihre Zukunft sichern.
Wie sieht denn bei den einzelnen Arten der Problemsprung aus, ab wann wird es richtig kritisch? Haben wir z.B. einen Befall Rhizoctonia oder Sklerotinia, so sollten wir wissen, wie die Dauerkörper aussehen. Nach einigen Wochen der Pilzentwicklung sieht man bei Sklerotinia auf einmal die schwarzen "Körtel" mit bloßem Auge. Bei Rhizoctonia wird es schon schwieriger die Mikrosklerotien zu sehen, bei Verticillium ist es fast unmöglich. Ganz anders, aber auch effektiv, sichert z.B. die Blattkrankheit Phoma ihre Zukunft. Der Problemsprung zeigt sich in Form kleiner Punkte in den kreisrunden Befallstellen. Mit Hilfe einer Lupe sieht man schon die Fruchtkörper, auch Pyknidien genannt. Aus diesen Fruchtkörpern (siehe Zeichnung) werden später tausende von Sporen entlassen. In den folgenden Fotos sehen wir einige Beispiele der gefährlichen Stadien.



Bakterien

Wie Bakterienkrankheiten ihre Zukunft sichert?
Auf einer einfachen aber trotzdem erstaunlich wirksamen Art und Weise sichern bodenbürtige Bakterienkrankheiten ihre Zukunft. Am Beispiel Xanthomonas campestris (XCC) der Kohlkrankheit (siehe Fotos) soll aufgezeigt werden, welche "Tricks" hier angewandt werden.

  • Untersuchungen zeigen, dass die gefürchtete Bakterienkrankheit in den Kohlstrünken überdauert. So lange der Strunk nicht verrottet ist, besteht Infektionsgefahr für eine nachfolgende Kreuzblütler-Kultur.
  • Eine noch effektivere Überlebensstrategie ist die Infektion von Saatgut. In Kohlsamen kann XCC jahrelang überdauern.


Schädlinge

Schädlinge sollten keine Puppen oder ähnliche Überdauerungsformen bilden!

Wie sichern Schädlinge ihre Zukunft?
Schädlinge werden unter anderem gefährlich, wenn es zu einer Massenvermehrung kommt. Dies ist oft bei der Mehlige Kohlblattlaus der Fall. Bei Blattläusen eskaliert die Situation, wenn sich geflügelte Formen bilden, die dann problemlos neu angelegte Kulturen anfliegen und besiedeln. Auch deswegen, weil dann ein Schutz durch Pflanzenschutzmittel fehlt und vielleicht auch noch größere Mengen an Bestandreste stehen bleiben. Schmetterlinge bzw. die gefährlich werdenden Raupen überdauern mühelos einen Winter durch die bekannte Verpuppung. Weniger sichtbar, aber im Einzelfall auch sehr problematisch ist, wenn sich schädliche Nematoden im Boden mehr und mehr anreichern und ein Risiko für die Folgekulturen darstellen.



Feldhygiene im Gemüsebau

Feldhygiene im Gemüsebau
Im Gemüsebau, sind auf Grund der nicht immer optimalen Fruchtfolge, der unzureichenden Möglichkeiten des Fruchtwechsel und der Verwendung mangelhaft wirkender Herbizide biwe z.B. Kerb und Stomp, verstärkte Bemühungen auf anderen Bereichen der Feldhygine bes. wichtig, aber auch sehr hilfreich. Umfangreiche Details dazu in dem Hortipendium-Artikel: Feldhygiene im Gemüsebau.