Blüh- und Befruchtungsverhältnisse Süßkirschen

Aus Hortipendium
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Einfluss der Sterilitätsgruppe auf die Fruchtbarkeit

Die Befruchtung der Süßkirschen ist die Grundlage für Fruchtansatz und Fruchtentwicklung. Abgesehen von Standortfragen sind grundlegende Kenntnisse der Blütenbiologie und Faktoren des Fruchtansatzes schon bei der Planung von Neuanlagen nötig.

Ausgangssituation

Die meisten Sorten sind selbststeril, das heißt, sie benötigen eine Befruchtersorte. Da je nach Blühstärke für einen Normalertrag 20-50 % der Blüten zu Früchten werden müssen, ist auf das Einstreuen von ausreichend Befruchtern (mindestens jeder 10. Baum beim Einstreuen in die Reihe, ansonsten jede 3. Reihe Befruchtersorte) zu achten. Die Bienen legen zwar auch wesentlich weitere Wege zurück, die Wahrscheinlichkeit, daß Fremdpollen auf die Blüte gelegt werden, nimmt jedoch mit zunehmender Entfernung rasch ab. Zu berücksichtigen ist auch, dass es „normales“ Blühwetter selten gibt: Entweder ist es für die Honigbienen, die ja erst ab 12° C Außentempteratur aktiv werden, die meiste Zeit zu kalt oder die Blüte ist in einer Hitzewelle sehr schnell vorbei. Faustzahl für die einzusetzenden Bienen sind mindestens 6 Völker je Hektar. Der Förderung von Wildbienen und dem Einsatz von Hummelvölkern ist bei Abwesenheit von Honigbienen große Bedeutung beizumessen.

Befruchtersorten

Bei der Wahl der Befruchtersorten ist erstes Kriterium die Überschneidung der Hauptblüte.
Zweites Kriterium ist die sogenannte „Pollenverträglichkeit“. Es gibt Süßkirschensorten, die sich nicht befruchten können, obwohl sie auch nicht miteinander verwandt sind. Man spricht dann von Gruppensterilität: Es wurde an wissenschaftlichen Instituten herausgefunden, daß jede Sorte 2 Sterilitätsfaktoren (S-Allele) besitzt. Insgesamt sind bisher 16 verschiedene S-Allele identifizierbar. Gelangt nun z.B. ein Pollenkorn S3 auf eine Blüte, die ebenfalls den Sterilitätsfaktor S3 besitzt, wird es „erkannt“ und kann nicht zur Eizelle im Fruchtknoten durchwachsen. Nur Sorten mit unterschiedlichen S-Zahlen sind verträglich. lst nur eine der S-Zahlen unterschiedlich, kann auch nur 50 % des Pollens befruchten. Für Sorten, die im Fruchtansatz Probleme bereiten können, hierzu gehören auch ‚Kordia’ und ‚Regina’, ist die Pflanzung von 2 Befruchtersorten sinnvoll. Die folgende Tabelle gibt die Sterilitätsfaktoren von Sorten an, soweit sie zur Zeit bekannt und eindeutig identifiziert sind. Sorten mit dem S4‘– Faktor sind selbstfruchtbar.

Tabelle: Blüh- und Befruchtungsverhältnisse [1]

Sorte Blühtermin S-Allele
Axel m S3S3, sf
Badacsony m S3S4
Bianca sp S1S5
Bellise Bedel sfr S1S9
Benjaminler S1S7
Brooks mfr S1S9
Büttners rote Knorpel m S3S4
Burlat fr S3S9
Canada Giant msp S1S2
Carmen msp S4S5
Céleste mfr S1S4, sf
Chelan fr S3S9
Colney ssp S5S5
Coralise Gardel mfr S2S3
Dollenseppler S1S7
Dollenseppler Kiefer S1S4
Duroni 3 ssp S3S5
Earlise Rivedel sfr S1S9
Folfer S6S9
Giant Red sfr S1S3
Giorgia msp S1S13
Grace Star fr S4S9, sf
Hedelfinger msp S3S5
Hertford fr S1S5
Hudson sp S1S4
Karina sp S3S4
Korvik msp S2S5
Kordia msp S3S5
Krupnoplodnaja fr S5S9
Lapins fr S1S4, sf
Merchant mfr S4S9
Moreau (=Charmes) fr S3S9
Napoleon (helle) m S3S4
Sorte Blühtermin S-Allele
Naprumi S3S9
Noire de Meched msp S3S12
Oktavia msp S1S3
Paulus mfr S4S9, sf
Penny S5S9
Rainier fr S1S4
Regina ssp S1S3
Rita sfr S5Sneu
Rotstieler S4S14
Rubin ssp S3S12
Sam sp S2S4
Samba Sumste sfr S1S3
Satin Sumele mfr S1S3
Schneiders sp. Knorpel msp S3S12
Schwarze Schüttler S5S7
Sir Don S4S13
Skeena msp S1S4, sf
Souvenir des Charmes fr S3S9
Staccato sfr S3S4, sf
Starking Hardy Giant mfr S1S2
Sumbigo mfr S1S3
Sumbola msp S1S3
Summer Sun (JI 14039) S4S9
Summit msp S1S2
Sunburst m S3S4
Sweet Early sfr S1S9
Sweetheart fr S3S4, sf
Sylvia sp S1S4
Tieton fr S3S9
Techlovan m S3S5
Van mfr S1S3
Vanda S1S5




Pflanzraster

Man kann beobachten, dass Bienen eher in Reihenrichtung als quer zu den Reihen fliegen. Sollen Blöcke sortenrein gepflanzt werden, muß mindestens jede 3. Reihe (33%) eine Befruchterreihe sein. Für die Pflanzung der Befruchter in der Reihe sollte mindestens jeder 10. Baum ein Befruchter sein.

Bienen und Hummeln

Gerade bei sehr früh blühenden Kulturen wie Süßkirschen und Zwetschen muss für eine ausreichende Bestäubung gesorgt werden. In der Blütezeit dieser Kulturen herrschen häufig niedrige Temperaturen unter 10 °C, in den Nächten oft leichter Frost, in anderen Jahren ist es ist mit 15 °C recht warm, aber bewölkt. Hier sollten alle Möglichkeiten zur Verbesserung der Bestäubung ausgenutzt werden, zumal sich bei Steinobst ein Anteil von 10-30 % der Blüten zu Früchten entwickeln muss, um einen ausreichenden Ertrag zu erhalten.
Geeignete Bestäuber sind bei uns Honigbienen, Hummeln, solitäre oder andere Wildbienen, bzw. weitere Insekten. Pro Hektar Steinobstanlage werden mindestens vier Bienenvölker benötigt, die zwar eine große Individuenzahl bieten, aber erst bei Temperaturen von 12 – 14 °C und geringen Windgeschwindigkeiten aktiv sind. Hier sollte eng mit den bekannten Imkern zusammengearbeitet werden.
Hummelvölker (i.d.R. Erdhummel (Bombus terrestris)) zeigen dagegen eine geringere Individuenzahl, sind aber nicht so abhängig von der Temperatur (ab 6 °C) und den Windgeschwindigkeiten und bringen gerade deshalb bei schlechteren Bedingungen noch eine gute Bestäubungsleistung. Hummeln werden schon längere Zeit in Gewächshauskulturen eingesetzt und zu diesem Zweck kommerziell gezüchtet. Besonders große Völker (etwa 80 Arbeiterinnen) und spezielle Boxen mit drei Völkern (Multibox (Renatur, Katz), bzw. Tripol (Koppert)) bieten ein spezielles Angebot für Obstkulturen im Freiland. Hier sind sechs Völker/ha ausreichend.

Andere Wildbienenarten, die natürlich vorkommen, sind oftmals erst später im Jahr aktiv: Im früh blühenden Steinobst kann hingegen die Art Osmia cornuta, die Gehörnte Mauerbiene effektiv eingesetzt werden.
Beim Einsatz von Wildbienen, also auch Hummeln, ist besondere Vorsicht mit Insektiziden geboten. Befinden sich die Völker nach der Blüte noch in der Anlage, sind sie vor und mind. 24 Std. nach der Behandlung zu verschließen oder aus der Anlage zu entfernen.
Sowohl die angebotenen Hummelvölker und auch Bienen von sog. Bestäubungsimkern (gegen Bestäubungsprämie) können bestellt bzw. angefordert werden und sind innerhalb 24 bis 48 Stunden verfügbar. Manche Anbieter versenden nur einmal pro Woche, so dass eine gewisse Vorplanung angebracht ist. Die Preise für Hummeln bewegen sich zwischen € 60,- für starke Einzelvölker und € 160,- für Mehrfachboxen (Preisunterschiede möglich, Frühbucher- und Mengenrabatte). Zu einer Preisanfrage bei im Aderessanhang stehenden Lieferanten wird geraten.

Überdachte Kirschenanlage

Überdachte Kirschenanlagen: Falls schon während der Blüten zu Frostschutzzwecken überdacht wird, sollte erst das Dach aufgezogen und dann die Hummelvölker aufgestellt werden. Eine Verteilung der einzelnen Völker in der Parzelle ist immer günstiger zu beurteilen als ein blockweises Aufstellen am Rand.

Adressensammlung

Name Straße PLZ, Ort Land Telefon
Fax
Internet
E-Mail
Sven und Silke Behr Vertrieb Fa. Koppert Moorweg 18 21261 Welle/Kampen Deutschland +49-4188-891381
+49-160-8806796
http://www.bestaeubungsimker.de
Katz Biotech AG Vertrieb Fa. Biobest An der Birkenpfuhlheide 10 15837 Baruth Deutschland +49-33704-675 10
+49-33704-675 79
http://www.katzbiotech.de
Merulin Gartenbauservice Vertrieb Fa. Koppert Karl-Arnold-Strasse 25 47638 Straelen Deutschland +49-2834-9190
+49-2834-919 231
http://www.koppert.com
Re-natur GmbH Vertrieb Fa. Biobest Charles-Ross-Weg 24 24601 Ruhwinkel Deutschland +49-4326-98610
+49-4326-98611
http://www.re-natur.de
STB Control eigene Zucht Schaltenbach 1 65326 Aarbergen Deutschland +49-6120-900870
+49-6120-900871
http://www.stb-control.de
Wildbienen
WAB Mauerbienenzucht Dr. Mike Herrmann Sonnentauweg 47 78467 Konstanz Deutschland +49-7531-3619536
http://www.mauerbienen.com

info@mauerbienen.com

Bestäubungsimker
Vereinigung der Bestäubungsimker Kontakt über: Hans Schnabel Albert-Einstein-Str. 62 52076 Aachen Deutschland info@bestaeubungsimkerei.org
J. Küppers rue de Moresnet, 128 4851 Gemmenich Belgien +32- 87-788103
http://www.dreilaendereck-imkerei.de
Sven und Silke Behr Vertrieb Fa. Koppert Moorweg 18 21261 Welle/Kampen Deutschland +49-4188-891381
+49-160-8806796
http://www.bestaeubungsimker.de
D. Papendiek Melbweg 42 53127 Bonn Deutschland +49-228-9121915
imkerei@uni-bonn.de
Imkerei "Der Honigdachs" Thomas Beissel Hauptstrasse 70 53804 Much Deutschland +49-158 9673943
https://fruchtansatz.de
thomas@der-honigdachs.de

Quellen und Einzelnachweise

  1. Schuster 2004-2007, Tubott et al, 2005: Acta Hort. 663, Millan und Charlot 2008, Ctifl
  • M. Balmer, J. Lorenz (2010): Intensivierung im Tafelkirschenanbau. DLR Rheinpfalz, Kompetenzzentrum Gartenbau. Rheinbach. 
  • Winter, F. (1992): LUCAS‘ Anleitung zum Obstbau.. Verlag Eugen Ulmer. Stuttgart..